Heft 266, April 2014

Todesfall

Uns erreichte die Nachricht, dass der russische Komponist Vitaly Kovalenko (23.5.1947-5.3.2014) plötzlich einem Herzinfarkt erlegen ist. Er komponierte hauptsächlich Mehrzüger und Studien und trug seit 2007 den Titel Internationaler Meister.

Kalenderblatt

Hans Klüver

Deutsches Wochenschach
1923

wKg3, wTc2, wLe1f1, wSa1d3, wBa2b2b3d2e2g2h3, sKd1, sBa6b7c7d6e7g7h7

-1wZug, dann #1 (13+8)

Drei Viertel des letzten Jahrhunderts war Hans Klüver (4.3.1901-26.2.1989) schachlich tätig; nicht nur auf einem, sondern auf vielen Gebieten, sei es als Partiespieler, Problemkomponist und -Theoretiker, als Propagandist des Märchenschachs (er betonte oft, nach Kontakt mit Dawson das Märchenschach in Deutschland eingeführt zu haben), als Schriftsteller (am bedeutendsten wohl seine 1958 erschienene Brunner-Biographie Erich Brunner - Ein Künstler und Deuter des Schachproblems), als Organisator und ganz besonders als (Problem-) Schachredakteur. Godehard Murkisch zählt in seinem 1988 in der Kuhn/Murkisch-Serie erschienenen Klüver-Portrait 16 verschiedene Schachspalten auf, die unter Klüvers Leitung standen; die bekannteste war wohl die Schachecke in der Tageszeitung Die Welt, die am 19. Appril 1946 erstmals erschien (als erste deutsche Nachkriegs-Schachecke) und die er mehr als 40 Jahre lang leitete. Legendär ist auch seine 1965 begonnene Spalte im Stern, mit der er ein großes Publikum ansprach: seine darin angebotenen Preisrätsel erreichten vierstellige Teilnehmerzahlen, allein die Auswertung des 1978 ausgeschriebenen Lösungswettbewerbs mit 3751 Einsendungen (bei einem Problemschach-Wettbewerb!) muss schon eine Riesenarbeit gemacht haben. Viele Leser werden Klüver, der bis zuletzt sehr lebhaft und aktiv war und regelmäßig zu den Jahrestreffen der Schwalbe und nach Andernach kam, noch persönlich kennengelernt haben. Die bis zuletzt von ihm ausgestrahlte Frische lässt es erstaunlich erscheinen, dass sein Todestag schon 25 Jahre zurückliegt. Erinnert sei an den Komponisten HK mit einem frühen Retro: W nimmt Tc6-c2 zurück und setzt stattdessen mit 1.Tc1 matt. Warum geht der wT nach c6 zurück? Der wLe1 ist durch Umwandlung auf b8 entstanden, wozu der wBf2 sechsmal schwarzfeldrig schlagen musste; sLf8 zog nie, somit bleibt nur noch ein sStein, der auf b3 geschlagen werden konnte, nämlich der weißfeldrige sL. Damit kann S weder a7-a6 noch d7-d6 zurücknehmen, so dass der sK den letzten Zug gemacht haben muss; das nach Rücknahme von Kc1-d1 entstehende Doppelschach kann W nur durch den S-Zug nach d5 aufheben, wenn der wT auf c6 steht.

Ottavio Stocchi

Ital. Meisterschaft 1937

1. Preis

wKb7, wDg3, wTa4f7, wLa7h7, wSd3, wBb3f3, sKd5, sDg1, sTe3h4, sLf8g4, sBd7e7g2

#2 (9+9)

Vor 50 Jahren verstarb mit Ottavio Stocchi (18.9.1906-4.3.1964) einer der renommiertesten Zweizügerkomponisten seiner Zeit. Der auf ihn zurückgehende mehrfache (mindestens dreimal) Block eines Feldes mit Dualvermeidung wurde zu einem häufig verwendeten Motiv. Hier wird eine der frühesten Darstellungen des Themas gezeigt: 1.Lg8! droht 2.Tf5 1.- e6 2.Td4 (nicht Ta5/Sb4?); 1.- Le6 2.Te5 (nicht Sb4/Td4?); 1.- Te6 2.Sb4 (nicht Td4/Ta5?). Stocchi-Blocks mit Dualvermeidung, da durch die Selbstblocks Lf8/Th4/Dg1 als Verteidiger eingeschaltet werden. Hinzu kommt die Nebenvariante 1.- Ke6 2.T:f8. Stocchis herausragende Stellung wird dadurch unterstrichen, dass er Anfang der 50er Jahre nach den von Julius Buchwald erstellten Turnier-Erfolgstabellen als Zweizüger-"Weltmeister" (1950, 1952 und 1953) galt - ein Titel, den der damals von Kipping geleitete International Problem Board (IPB) ebenso ablehnte wie jeden anderen Titel für Komponisten. Auf die (leider nur schwer lesbare) Dokumentation von Stocchis Gesamtwerk wurde schon im Kalenderblatt in Heft 221 (Oktober 2006) anlässlich seines 100. Geburtstag hingewiesen.

Eric Westbury

Pittsburgh Gazette Times
1911

1. Preis (ex ae.)

wKg8, wDh5, wTb5f7, wLa8h2, wSb4f5, sKe6, sDb6, sTe2g2, sLe8h6, sSb3h3, sBc6c7d4g7h7

#2 (8+13)

Der englische Komponist Eric E. Westbury (11.6.1881-15.3.1939) war ein Zweizügerspezialist zur Good Companion-Zeit. Über sein Leben ist nicht allzuviel bekannt, aber Schach muss eine bedeutende Rolle gespielt haben, denn in Birmingham steht auf dem Grab des vor 75 Jahren Verstorbenen nicht nur ein marmornes Schachbrett, sondern es enthält auch eine Inschrift, die Westbury als internationalen Problemisten ausweist; eine Aussage, die dadurch unterstrichen wird, dass er in den retrospektiven FIDE-Alben mit 10 Aufgaben vertreten ist. Hier eine Kostprobe aus der Vor-Album-Zeit: 1.Sd5 droht 2.Te7. Nach vier sVerstellungen auf g5 kann W auf Feldern Matts geben, gegen die Schwarz in der Diagrammstellung jeweils zwei Paraden hatte: 1.- T/L/S/Bg5 2.D:e2/S:g7/Sf4/D:h6; Nebenspiel 1.- Sc5/c:d5/Dc5/L:f7+ 2.S:d4/L:d5/S:c7/D:f7.

Zwei Brüder des großen Sam Loyd waren ebenfalls als Schachspieler und Problemisten tätig. Der älteste von ihnen, Thomas Loyd (8.9.1830-7.3.1914), komponierte nur ganz wenige Probleme, hatte aber vermutlich erheblichen Einfluss auf seine Brüder Sam und Isaac S., weil er es war, der sie mitnahm in die New York Society Library, wo er Treffen mit bekannten Schachspielern organisierte. Auch stammt das erste Loyd-Problem von Thomas und wurde zwei Monate vor dem Erstling seines elf Jahre jüngeren berühmten Bruders komponiert. Auf einem Foto, das "US Chess Masters, 1856" zeigt, ist T. Loyd in zentraler Position abgebildet (Originalquelle unbekannt, gefunden auf http://www.edochess.ca/batgirl/Fuller.html).

Vor 125 Jahren erblickte Donald G. McIntyre (19.5.1889-11.3.1966), der zu den wenigen bekannten südafrikanischen Komponisten gehört, das Licht der Welt. Er begann vor 1910 zu komponieren und war Schüler von Cecil A. L. Bull (1865-1935). McIntyre leitete von 1957 bis 1962 den Problemteil im South African Chess Player. 1960 gab er eine Auswahl von Bulls Dreizügern unter dem Titel Sonatas in Chess heraus, zuvor schon hatte er eine Sammlung seiner eigenen Probleme publiziert: Some Problems for my Friends (1957).

Georg Wiarda (12.4.1889-19.3.1971) war Mathematiker und Schachspieler, der seit 1921 in Dresden lebte und sich dort mehrfach durch Partieerfolge auszeichente. Daneben übersetzte er einige Schachbücher ins Deutsche, darunter Capablancas Grundzüge der Schachstrategie. Am bekanntesten dürfte heute seine Zusammenarbeit mit Friedrich Palitzsch bei der Herausgabe der zweibändigen Festschrift Am sprudelnden Schachquell zum 50-jährigen Jubiläum des Dresdner Schachvereins sein.

Mit Heinrich Ranneforth (18.3.1864-3.11.1945) wurde vor 150 Jahren in Hagen/Westf. einer der bedeutendsten deutschen Schachpublizisten geboren. Er studierte ab 1883 in Berlin neuere Sprachen und Germanistik, wurde dann Journalist. Mit dem Schachspiel kam er in Berlin in näheren Kontakt, ist aber als Spieler nie besonders hervorgetreten, auch nicht als Problemist. Seiner Neigung entsprechend, hat er sich lieber als Schachpublizist engagiert. Schon Anfang der 1890er Jahre war er Mitarbeiter des Deutschen Wochenschach, in dem er seit 1895 als Mitherausgeber genannt wird - eine Tätigkeit, die er 30 Jahre lang, bis zum Ende des DWS 1925 ausübte. Nur zwei Jahre später wird sein Name als Mit-Herausgeber der Deutschen Schachzeitung genannt, und er blieb es, mittlerweile 79 Jahre alt, bis zum März 1943, d. h. bis zu dem Zeitpunkt im 2. Weltkrieg, an dem alle deutschen Schachzeitungen zwangsweise zusammengelegt wurden. Neben der sich über ein halbes Jahrhundert erstreckenden redaktionellen Arbeit für die beiden großen deutschen Schachzeitungen gab Ranneforth von 1907 bis 1938 einen jährlich erscheinenden Schachkalender im Taschenformat heraus, in denen neben allerhand praktisch nutzbaren Informationen auch biografische, historische Artikel, theoretische oder Schachprobleme behandelnde Aufsätze enthalten waren. 1937 erschien unter dem Titel Das Schachproblem auch eine von ihm verfasste Einführung in das Gebiet des Kunstschachs, eine Anleitung zum Lösen von Schachaufgaben, eine kurze Darstellung der Entwicklung der Problemkunst mit besonderer Berücksichtigung der neudeutschen Problemschule.

Die damalige britische Kolonie Jamaika hatte mit dem aus England stammenden A. F. Mackenzie (1861-1905) einen hervorragenden Problemisten und erfolgreichen Partiespieler. Der nur wenig jüngere, vor 150 Jahren geborene A. P. Silvera (14.3.1864-2.1908) war nicht nur sein Rivale am Brett, sondern auch sein Problem-Schüler. Nach Silveras Tod konnte man im BCM die Befürchtung lesen, dass damit der Problem-Enthusiasmus auf Jamaika beendet sein könnte - eine Vermutung, die sich wohl bis heute als zutreffend erwiesen hat.

Vor 175 Jahren wurde Jacob Elson (8.4.1839-28.1.1909) in Würzburg geboren, der zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Amerika auswanderte und sich dort zu einem hervorragenden Spieler entwickelte (u. a. 4. Platz im 4. US Kongress 1876). Elson war als Schachpublizist tätig und komponierte auch Probleme; gut 30 davon, meist Drei- und Vierzüger, sind in den 1868 erschienenen American Chess Nuts enthalten (damals war er noch keine 30 Jahre alt).

Zusammen mit seinem älteren Bruder James gab Timbrell Pierce (30.3.1839-5.1922), der vor 175 Jahren geboren wurde, 1873 eine Problemsammlung Chess Problems heraus, der drei Jahre später mit English Chess Problems ihre große Zusammenstellung englischen Problemschaffens folgte. Timbrell wandte sich später überwiegend dem Partieschach zu, wo auch eine Gambit-Eröffnung nach ihm benannt wurde. Vor dem Tod seines Bruders (1892) sprang er aushilfsweise als Redakteur von dessen Schachspalte in der Fachzeitschrift English Mechanics ein. Nach dem Tod von James Pierce schlug der irische Professor William H. S. Monck (21.4.1839-24.6.1915) aus Dublin (ebenfalls 175-er Jubilar!) Timbrell als Nachfolger für die Leitung dieser Spalte vor, empfahl eine Reduzierung des Problemteils und erbot sich, notfalls selbst vorübergehend einzuspringen. [GüBü]


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