Vilnius 2019 - Löseturniere

Bericht von Axel Steinbrink

Open - Favoriten vorn

Wie üblich begannen die Löseturniere mit dem Open, zu dem genau 100 Löser aus 25 Ländern antraten. Wie zuletzt üblich waren in zwei Runden jeweils sechs Aufgaben zu lösen, die vom Organisator Vidmantas Satkus zusammengestellt waren. Die erste Runde bot einige schwierige Brocken (darunter ein s#5 von Gamnitzer und ein #4 von Bayersdorfer), sodass auch gute Löser unter 50% der Punkte landeten. Die zweite Runde war dann vergleichsweise leicht, wodurch gleich 11 Löser die maximale Punktzahl von 29 erreichten (Satkus hatte bei einer relativ bekannten Liburkinstudie die verlangte Lösung um drei Züge verlängert, was niemand fand). So blieb es bei der Reihenfolge wie nach der ersten Runde und einem klaren Sieg von Piotr Murdzia vor John Nunn. Fast alle Deutschen konnten sich im Vorderfeld platzieren. Am besten löste Michael Pfannkuche auf Platz 3. Direkt dahinter landete als aktuell bester Litauischer Löser Martynas Limontas, der damit den Sieg im diesjährigen World Solving Cup und damit die erfolgreiche Titelverteidigung nur knapp um drei Punkte verpasste. Sieger in diesem Zyklus wurde der erst 16jährige Danila Pavlov aus Russland (amtierender Europameister und bereits auf Platz 5 der Weltrangliste). Außer den beiden hatte nur Eddy Van Beers (Belgien) noch Chancen auf diesen Titel, was er aber mit Platz 20 klar verfehlte. Bester Deutscher in diesem Wettbewerb wurde Michael Pfannkuche auf Platz 11.

Tabelle Open Vilnius 2019

1. Piotr Murdzia (POL) 55,5
2. John Nunn (GBR) 52
3. Michael Pfannkuche (GER) 50
4. Martynas Limontas (LTU) 49
5. Boris Tummes (GER) 49
26. Arno Zude (GER) 37
41. Ronald Schäfer (GER) 32,5
54. Frank Richter (GER) 29
73. Hemmo Axt (GER) 22,5
86. Wilfried Neef (GER) 13,5

WCSC - alles wie immer und doch eine Sensation

Vor dem Turnier war die meistgestellte Frage, ob es dem jungen russischen Team (bestehend aus drei Junioren angeführt von Europameister Danila Pavlov) wie bei der Europameisterschaft gelingen würde, den Seriensieger Polen (ununterbrochen Mannschaftsweltmeister seit 2009) zu schlagen. Hinzu kam, dass die Polen erstmals seit 2010 neben ihren Seriensiegern Murdzia und Piorun nicht ihren dritten GM Mista im Team hatten, sondern ?nur? den auf Platz 54 der Weltrangliste platzierten Piotr Gorski. Das Teilnehmerfeld bestand aus 90 Einzellösern, womit der Rekord von Bern aus dem Jahre 2014 eingestellt wurde, sowie 21 Teams. Turnierdirektor und damit verantwortlich für die Aufgabenauswahl war erstmalig bei einer WM Ryszard Krolikowski aus Polen. Die beiden ersten Runden (#2, #3) verliefen eher langweilig, da zu leicht, sodass nach einem Drittel des Turniers noch 26 Einzellöser und 12 Teams die volle Punktzahl hatten. Nach der Studienrunde, die den ersten Tag abschloss, sah das Ergebnis schon ganz anders aus. Drei Originalaufgaben des polnischen Studienkomponisten Andrzej Jasik forderten einige prominente Opfer, so u.a. John Nunn mit nur 3 Punkten sowie Boris Tummes mit lediglich 2 Punkten. Einziger Löser mit voller Punktzahl und damit Spitzenreiter nach dem ersten Tag war Kacper Piorun. Auch das polnische Team lag zu diesem Zeitpunkt bereits 7 Punkte vor Großbritannien und Serbien, Deutschland und Russland.

Der zweite Tag begann mit den trickreichen Hilfsmatts, die weitere Opfer forderten. Diesmal erwischte es Piorun mit nur 5,8 Punkten, sodass er die Führung an Piotr Murdzia abgeben musste. Das Spitzenfeld lag aber dicht zusammen (5 Punkte zwischen Platz 1 und Platz 9). Bei der Teamwertung konnte Polen seinen Vorsprung noch ausbauen, sodass hier die Entscheidung bereits gefallen zu sein schien. In der Mehrzügerrunde erwischte es dann Piotr Murdzia (nur 5 Punkte), der bei einem Sechszüger von Gerd Rinder zwar die Mattstellung fand, aber die ersten beiden weißen Züge vertauschte (ebenso wie rekordverdächtige 51 andere Löser). Sieger dieser Runde war Aleksey Popov (RUS) als Einziger mit voller Punktzahl. Damit schob sich das russische Team hinter Polen auf Rang 2. Führender in der Einzelwertung war dann plötzlich der schon erwähnte Piotr Gorski, auch wenn ihm noch neun Löser mit weniger als fünf Punkten Abstand auf den Fersen waren. Auch die Schlussrunde (S#) sah Popov als Sieger, womit er sich nach Platz 48 nach dem ersten Tag noch auf Platz 6 schieben konnte. Auch das russische Team kam damit den Polen mit nur noch 2,6 Punkten Abstand bedrohlich nahe. In der Einzelwertung blieb es beim Sieg von Gorski vor John Nunn (zweitbester Punktesammler am zweiten Tag hinter Popov nach Platz 28 am ersten Tag). Dritter und damit erstmalig bei einem WCSC auf dem Podium Eddy Van Beers (Belgien). Das deutsche Team fand sich hinter Großbritannien auf Platz 4 wieder. Bester deutscher Löser wurde Boris Tummes auf Platz 7. Besonderen Grund zur Freude hatte auch Einzellöser Frank Richter, der auf Platz 13 landete und sich seine erste FM-Norm sicherte. Sensationssieger Piotr Gorski schaffte mit diesem Erfolg seinen ersten Einzeltitel, seinen dritten Mannschaftstitel (nach 2009 und 2010) sowie seine erste GM-Norm bei einem WCSC, womit er gleichzeitig sich auch den Titel eines GM im Lösen von Schachproblemen sicherte, und das Ganze zwei Wochen vor seinem 30. Geburtstag.

Tabelle WCSC Vilnius 2019

Einzelwertung Mannschaften
1. Piotr Gorski (POL) 70,3 1. Polen 150,1
2. John Nunn (GBR) 69,6 2. Russland 147,5
3. Eddy Van Beers (BEL) 69,5 3. Großbritannien 140,6
4. Kacper Piorun (POL) 69,1 4. Deutschland 137,3
5. Piotr Murdzia (POL) 68,5 5. Serbien 129,8
6. Aleksey Popov (RUS) 68,3 6. Litauen 124,1
7. Boris Tummes (GER) 67,3 7. Ukraine 121,2
11. Arno Zude (GER) 65 8. Finnland 117,5
13. Frank Richter (GER) 63,5 9. Belgien 117,3
34. Michael Pfannkuche (GER) 52,8 10. Niederlande 116,3
70. Hemmo Axt (GER) 35,5 11. Israel 113,4

Des weiteren gab es noch ein Schnelllöseturnier (Sieger Pavlov vor Van Beers und Pletnev), vier neue Titel im Lösen: Gorski GM, Popov IM, Moiseev (RUS) FM, Chovnik (ISR) FM sowie den einstimmigen Beschluss der Kommission, nach dem Kongress ein neues Ratingsystem einzuführen, an dem eine Expertenrunde ein knappes Jahr gearbeitet hatte.

Drei Aufgaben aus Vilnius:

1
Umut Sayman

Original für WCCC-Open
Vilnius 2019

wKg1, wTe7, wLc1, wSb4, wBd6, sKd4, sDb2, sTa1h2, sLa3, sSd2e6, sBa6c6d7f4f5h3

H#3 (5+13)
2 Lösungen

Nr 1 ist der H#3 aus dem Open. Dies war die einzige Originalaufgabe im Open und eine Aufgabe, die ich von einem türkischen Komponisten bekommen hatte, der nur noch Aufgaben für Löseturniere bauen will.
1. Ke5 Sd5 2. Lxd6 Sf6 3. Ta5 Lxb2 # und 1. Ke3 Sd3 2. De5 Se1 3. Sd4 Txe5 #

2
Unto Heinonen

Springaren 1999

3. Lob

wKg1, wTc7, wLg8, wBa3c5d5, sKc4, sTd4, sLa7b5, sBa6d3d7

H#3 (6+7)
2 Lösungen

Nr 2 ist der H#3 vom WCSC mit zwei Lösungen (man vergleiche die Schlussstellungen).
1. d6 Tf7 2. Kxd5 cxd6 3. Kc4 Tc7 # und 1. Txd5 Lh7 2. Td4 Lg8+ 3. d5 cxd6 e.p. #

3
Johannes Quack

Boswell Centenary Tourney
1999-2000

3. Preis

wKe1, wDa6, wTf6h4, wLa8, wSd4, wBa2e5, sKe3, sDf8, sTa1h1, sLb1e7, sSb7g1, sBa7b2e2h2h3

S#2 (9+13)

Nr 3 ist der S#2 vom WCSC. Bei diesem hatten 34 Löser den falschen Schlüssel, was vermutlich auch ein Rekord für diesen Aufgabentyp sein dürfte.
1. Tf2! 1. Te6? Df3!

Axel Steinbrink
3.9.2019


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